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Das Schießen

 

Man  könnte  verkürzt  sagen,  der  Unterschied  zwischen  Legen  und  Schießen  ist:  “Beim Legen muss man Denken, beim Schießen darf man nicht denken”. Dieses “Nichtdenken” meint aber wohl am ehesten den Augenblick des Schusses. Das richtige Schießen beginnt bereits lange vor dem Betreten des Kreises.

 

Leider denken manche Schießer wirklich nicht und vergessen, dass es manchmal taktisch klüger wäre eine andere Schusstechnik zu wählen. Ein “au fer” Treffer ist nicht immer die beste Lösung. Wenn dann mal eine andere Technik gewählt wird, denken manche nicht daran, dass es auch beim Schießen ein donnée gibt. Auch die zu schießende Kugel will richtig gewählt sein. Oft kann es klüger sein, nicht zuerst die Kugel zu schießen, die den Punkt hat.

 

Womit wir bei den unterschiedlichen Schusstechniken wären. Wie beim Legen gibt es auch beim Schießen verschiedene Techniken, die es zu beherrschen gilt. Die Wahl der eingesetzten  Schusstechnik  ist  von  vielen  Faktoren  abhängig.   Spielstand,  Kugelbild, Terrain, Schweinchenlage, Kontergefahr, Lichtverhältnissen, Tagesform und vielem mehr.

 

Le tir au fer, der Eisenschuss

Wenn eine Kugel unbedingt weg muss. ist diese eher ineffektive Technik zu wählen. Der Schuss wird hart und direkt ausgeführt, wobei die Schusskugel oft nicht im Bild bleibt.

 

Le Carreau, die Schusskugel nimmt den Platz der getroffenen Kugel ein.

Ein Carreau kann unabhängig von der Schusstechnik erzielt werden. Am besten gelingt es, indem man gut dosiert direkt schießt und die Schusskugel einen leichten Bogen  beschreibt. Ein Rückeffet der Schusskugel kann hier hilfreich sein.

 

Le tir devant, der Schrappschuss

Ein Schrappschuss ist Terrain abhängig. Die Schusskugel kommt je nach Terrain 5 -50 cm vor der Zielkugel auf. Grundsätzlich hat diese Technik eine höhere Treffergenauigkeit, weil nicht zu kurz oder zu lang geschossen werden kann.

 

La raclette, der Flachschuss

Wie der Schrappschuss, ist auch der Flachschuss Terrain abhängig. Es ist eine schwierige Schusstechnik, bei der die Schusskugel ab ca. 2 – 3m vom Wurfkreis ihr donnée hat. Hierbei ist das richtige donnée besonders wichtig.

 

Le Bec, das indirekte Schießen

Ein in der Praxis nur schwer kalkulierbarer Schuss. Eine gegnerische oder eigene Kugel zu schießen, die wiederum die eigentliche Zielkugel trifft. Bietet sich meist an, wenn mehr als eine gegnerische Kugel vor dem “Bild” liegt.

 

Tirer un arc, der Bogenschuss

Die Schusskugel beschreibt eine extreme Parabel, was fast einem Hochportée gleichkommt. Der Vorteil dieser Technik ist die höhere Wahrscheinlichkeit, mit der die Schusskugel im Bild bleibt.

 

Der Schuss

Beim  Schießen  ist  der  Bewegungsablauf  gegenüber  dem  Legen  stark  automatisiert. Manche Schießer brauchen nur Sekunden für ihren Schuss. Aber auch bei den schnellen Schießern   steht   der   Bewegungsablauf   fest.   Andere   nehmen   sich   mehr   Zeit.   Bei ausgeprägten   Schießern   kann   man   ein   regelrechtes   Ritual,   eine   Chorgeographie beobachten. Es ist nicht nur eine Vorführung, das Ganze dient auch dem Aufbau der Konzentration.  Man  sollte  sich  in  seinem  Ablauf  bis  zum  Sch(l)uss  nicht  unterbrechen lassen, wenn doch,  sollte man abbrechen und von vorn beginnen. Denn wenn die Konzentration noch im Schwung die vor dem Auge geführte Linie unterbricht (aus welchen Gründen auch immer), bricht der Informations- und Konzentrationsfluss ab. Die Erkenntnis darüber kommt zeitversetzt im Schwungarm an, das Ziel wird dann meist das Erstbeste zu treffende sein: die vorne Liegende, eigene Kugel oder nichts. Lerne den Schuss zielfixiert zu Ende zu führen, unabhängig aller möglichen Umgebungseinflüssen.

Tritt  man  als  Schießer  auf,  sollte  man  sich  also  unabhängig  von  seiner  individuellen Technik an einen grundsätzlichen Ablauf halten. Für dieses Vorbereiten auf den Schuss gibt es kein Patentrezept. Einige brauchen nur Sekunden dafür andere wesentlich länger. Den “richtigen” Ablauf muss jeder für sich selbst finden. Hier ist ein Beispiel, wie eine solche Vorbereitung, ein solcher fester Ablauf (Ritual) aussehen kann:

Beobachte den Gegner und den Spielverlauf, um nicht überrascht zu sein, wenn ein Schuss gefordert ist. Die Entscheidung für den Schuss trifft das Team gemeinsam.  Schreite den Weg für die Entfernung ab. Betrachte die Lage der Kugeln und der Sau, das Terrain (besonders im Bereich der Zielkugel), das Kugelverhältnis und den Spielstand. Dann entscheide die Schusstechnik!

Stelle oder warte Störeinflüsse (meist durch andere Personen verursacht) in Ruhe ab.

Führe deinen Bewegungsablauf durch und komme zum Sch(l)uss

Für einen Schießer ist ein solcher Ablauf gegenüber einem Leger fast von größerer Wichtigkeit. Hier muss jeder Schießer seinen eigenen Weg finden, seine Konzentration aufzubauen und zu halten.

Bei dem gesamten Ablauf spielt der richtige Atemrhythmus ebenfalls eine Rolle. Wenn die Atemtechnik wie der Bewegungsablauf automatisiert ist, unterstützt dieses Zusammenspiel den Automatismus beim Schießen. Dies gilt auch für schnelle Schießer. Auch wenn sie nicht bewusst atmen, wie wohl die meisten von uns, ist dieser Rhythmus wichtig.

Beim  Einatmen  werden  die  Rippen  leicht  angehoben,  dabei  wird  der  Schultergürtel bewegt.   Der   Armschwung   ändert   sich   also   bei   einer   stärkeren   oder   schwächeren Atmungsphase. Um diese Variable auszuschalten, wäre es das Beste für einen gleichbleibenden   Armschwung,   wenn   man   während   der   Bewegung   nicht   ein-   oder ausatmet.   Beim   Schießen   mit   Waffen   wird   diese   Praxis   angewendet.   Eine   andere Möglichkeit  wäre  es,  während  des  Bewegungsablaufes  immer  gleich  zu  atmen.  Das  ist auch bei großer Routine nicht immer gegeben. Ein gleichmäßiger Atemrhythmus könnte folgendermaßen aussehen:

Man fokussiert die zu schießende Kugel

Dann einmal ruhig ein- und wieder ausatmen

Beim Ausholen wieder leicht durch den Mund einatmen

Beim Vorwärtsschwung wieder ausatmen oder eben Luft anhalten

Wie bei der Konzentrationsphase sollte jeder die beste Atemtechnik für sich selbst herausfinden.

Der Weg zum Schießen

Ein  Hinweis, der  auch  den  Mentalbereich  beeinflusst:  Viele Schießer tragen eine Kopfbedeckung. Die Vorteile sind vielfältig. Eine Kopfbedeckung kann ein  Schutz  gegen  Sonne  und  Regen  sein.  Durch  die  Einschränkung  des  Gesichtsfeldes ergibt sich aber auch eine Abschottung gegen Störeinflüsse wie z.B. Scheinwerfer, Zuschauer, Bäume, Vögel usw..

Beim Versuch, seine Schusstechnik zu verbessern, sollte man sich zuerst die Grobtechnik erarbeitet haben. Dazu sollte man anfangs die Trefferquote außer Acht lassen. Wenn man das Halten der Kugel und den groben Bewegungsablauf für sich gefunden hat, kann man an die Feinabstimmung gehen. Dazu zählen Dinge wie:

Der Armschwung

Die Handstellung

Die Fußstellung

Die Armausrichtung beim Schuss

Der Abwurfmoment

Die Körperhaltung

 

Grundsätzliches

Du solltest von leicht nach schwer üben. Ruhig erst mal eine kurze Entfernung wählen (5 –

6m). Wenn 9 oder 10m Schüsse nicht gehen, sollte man sich damit zunächst abfinden und nicht krampfhaft darauf hin arbeiten. In der Fachliteratur wird davon gesprochen, das man ca. 10.000 Schüssen ein sicherer Schiesser sein sollte; manche sprechen von ca. 30.000 Schüssen! Also im freien Spiel, da wo es sinnvoll ist, durchaus mal eher schießen als zu wenig.

Wenn man also irgendwann meint, seinen Bewegungsablauf gefunden zu haben, kann man auch den umgekehrten Weg gehen und sich schwere Ziele suchen. Wenn man z.B.  mal  hundert Schuss  auf  eine  Sau  in 8m  Entfernung  geübt hat, kommt einem  eine Übungskugel  auf  der  gleichen  Entfernung  wie  ein  einfaches  Ziel  vor.

Man  sollte  auch immer  nur  eine  der  oben  beschriebenen  Schusstechniken  zur  gleichen  Zeit  trainieren. Wenn man die Technik ständig wechselt, kann man kaum seine Schwächen herausfinden. Es ist auch sinnvoll, zunächst immer die gleiche Entfernung zu wählen. Das ist wichtig, um seinen Bewegungsablauf zu finden. Am besten fängt man mit der Entfernung an, bei der es am besten klappt. Bei einem Treffer lege die Übungskugel deshalb wieder an ihren Platz zurück und versuche nicht, ihr nach zu schießen. Sehr hilfreich sind hier “Partner”, die genau beobachten, oder eine Kamera, um seine Fehler sichtbar zu machen.

 

Die Grobform

Der Schießer steht entspannt aufrecht, beim Rechtshänder steht der rechte Fuß vor und zeigt in Richtung Ziel, beim Linkshänder der Linke. Die Kugel sollte sicher in der angewinkelten  Hand  liegen  und  der  Armschwung  sollte  langsam  nach  hinten  oben ausgeführt  werden  und  nicht  bereits  an  der  Hosennaht  aufhören.

Je  höher  man  nach hinten ausholt, desto leichter fällt es, ohne Kraft auch weite Entfernungen zu schießen. Nach  vorne  hin  nimmt der  Schwung  Geschwindigkeit auf,  und  nach  dem  Loslassen  der Kugel  zeigt die  Hand  in  Zielrichtung.  Der  Punkt zum Loslassen  liegt irgendwo  zwischen Hüfte und Brust, das hängt ganz von der Schusstechnik und der Entfernung ab.

 

Die Feinabstimmung

Der Schießer hebt den Arm so weit nach hinten oben, wie es ihm bequem möglich ist, und senkt dabei den Oberkörper zum einen als Gegengewicht, zum anderen für den Schwung nach vorn. Viele Schiesser halten auch durch Ausstrecken des anderen Arms besser ihr Gleichgewicht.   Dann   schwingt   der   Schussarm   bei   gleichzeitigem   Aufrichten   des Oberkörpers nach vorn.

Der Armschwung richtet sich natürlich nach den körperlichen Fähigkeiten des Einzelnen. Grundsätzlich sollte man daran arbeiten, seinen Armschwung so weit wie möglich nach hinten  auszuführen.  Ein  weiter  Armschwung  öffnet  es  einem,  auch  ohne  Kraft  weite Schüsse  zu  machen.  Beim  Ausholen  nach  hinten sollte  der  Arm  nicht  angewinkelt, sondern gerade ausgerichtet sein. Die Handhaltung ist meist individuell, sollte aber im Idealfall  mit  dem  Handrücken  nach  oben,  angewinkelt  und  ohne  Drehung  vollzogen werden. Nachdem die Kugel die Hand verlassen hat, hilft das Nachhalten der Hand in Richtung des Ziels, gerade Schüsse durchzuführen.

Die Fußstellung sollte in Richtung zur Zielkugel sein. Dies ist keine Garantie dafür, das auch die Schusskugel genau in Richtung der Zielkugel fliegen wird, aber schießt man zu weit Links oder Rechts, bekommt man so eine feste Größe zur Korrektur.

Schießt man z.B. etwas links am Ziel vorbei, kann man durch eine leichte Anpassung der Fußspitze (die Ferse bleibt) nach rechts ausgleichen. In der Regel schießt der Rechtshänder links vorbei, beim Linkshänder ist es meist umgekehrt. Die Armausrichtung nach dem Loslassen der Kugel sollte in Richtung der Zielkugel sein, so als wollte man auf sie zeigen. Die meisten Rechtshänder neigen zu einem übertriebenen Schwung des Armes nach links, was meist zu Löchern links der Zielkugel führt.

Der Abwurfmoment, der bestimmt ist durch die Entfernung zur Zielkugel, ist reine Trainingssache. Er liegt in der Regel zwischen Hüfthöhe und Brust. Hier muss die Auge- Körper Koordination geübt werden. Die Körperhaltung (das Vorbeugen) hängt vom individuellen Bewegungsablauf und der Entfernung zur Zielkugel ab.

Schießt man z.B. auf 6m oft zu weit, kann ein tieferes Vorbeugen des Oberkörpers helfen, den Weg der Schusskugel zu verkürzen! Bei weiteren Entfernungen bietet sich dementsprechend eine Aufrechtere Position an oder man hebt den Oberkörper mit dem Schuss an. Das Ganze kann man gar nicht oft genug üben. Der Körper memoriert Bewegungsabläufe. Selbst wer nicht gerne schießt, kann durch häufiges Wiederholen seine Quote verbessern.

 

Faustregeln r das Schießen

Freue dich auf den Schuss, du musst nicht Schießen, du darfst 

Zähle im Spiel weder deine Treffer noch deine Löcher

Trage den Ärger über ein Loch nicht mit in den nächsten Schuss

Mach dir deine Schusstechnik bewusst und finde ihre Schwächen

Entschuldige eine  geringe  Trefferquote  nicht mit Pech, sondern  suche  den  Grund dafür bei dir.

Trainiere deinen Bewegungsablauf (Ritual)

 

Alles oben genannte erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder absoluter Richtigkeit, ich hoffe aber, das oben Beschriebene animiert dazu, an seiner Schusstechnik zu arbeiten. Aber Achtung! Für einige mag es einen direkten Vorteil bringen, wenn sie beginnen, die oben aufgezeigten Techniken umzusetzen.

Bei den meisten wird dies aber wahrscheinlich zunächst zu einer Verschlechterung ihrer Trefferquote führen. Das ist ganz normal. Mit ein paar Schüssen ist es nicht getan, will man sich grundsätzlich verbessern, muss man in den meisten Fällen erst einmal eine Verschlechterung hinnehmen, bis die neuen Bewegungsabläufe greifen.

Man sieht leider häufig, wie ein gut gemeinter Hinweis eines erfahrenen Spielers oder sogar Trainers dazu führt, dass ein paar Kugeln probiert werden und schnell wieder zurück zur alten “sicheren” Spielweise gegangen wird. So kann man sich aber nicht weiter entwickeln.

 

Und hier das Ganze in Vollendung:

Boule spielen